Die Stadt des Affengottes (Douglas Preston)

„Keine Kultur lebt ewig. Alle streben ihrer Zerstörung zu, eine nach der anderen, wie die Wellen des Meeres, die sich am Strand brechen. Keine Kultur entgeht diesem Schicksal – auch unsere nicht“.

Mit diesen Worten endet nach 354 Seiten Douglas Presons Bericht über die Suche nach der „Weißen Stadt“ in Honduras. Und man mag ihm nach dem Lesen seines Buches nicht widersprechen.

Douglas Preston war mir bis zu diesem Buch nur durch seine zusammen mit Lincoln Child geschriebenen Krimis Über den FBI-Agenten Aloysius Pendergast ein Begriff. So war es in erster Linie auch erst einmal der Name des Autors, der mich einen Blick auf dieses Buch werfen ließ. Das Thema hat dann das übrige dazu beigetragen, dass das Werk in meinem Bücherregal gelandet ist.

Douglas Preston beschreibt in diesem Sachbuch seine Teilnahme an mehrere Expeditionen in Honduras – auf der Suche nach der sogenannten „Weißen Stadt“, der Legende nach eine Stadt inmitten der undurchdringlichen Wildnis der Mosquitia aus weißem Stein, auch „Stadt des Affengottes“ genannt.

1996 hört Douglas Adams zum ersten Mal von der sagenumwobenen Stadt und macht Bekanntschaft mit dem Filmemacher Steven Elkins. Dieser hatte bereits 1994 einen ersten erfolglosen Anlauf – in Kooperation mit Spiegel TV – unternommen, die unentdeckte Stadt zu finden. Eine weitere geplante Expedition scheiterte jedoch, nachdem ein Hurricane 1998 ganz Honduras verwüstete und das Land ins Chaos versetzte. So vergingen14 Jahre bis Steven Elkins 2012 eine erneute Reise nach Honduras unternahm, um mit seinem Team die Mosquitias nach der LIDAR-Methode (LIDAR = Light Detection and Ranging) zu scannen. Und die Aktion war erfolgreich: die gemachten Aufnahmen lieferten in einem Bereich rechteckige Formen und lange, pyramidenartige Hügel, die um Plätze herum angeordnet waren. „War es möglich, dass man selbst im 21 Jahrhundert noch eine versunkene Stadt finden konnte?“, fragte sich Douglas Preston, der die Expedition begleitete, beim Anblick der Aufnahmen.

Der Startschuss zur eigentlichen Expedition im Februar 2015 ist gegeben. Douglas Preston lässst den Leser durch seine Beschreibungen an der Reise teilhaben. Und erlässt dabei nichts aus: weder die Begegnungen mit giftigen Lanzenottern, noch nachts um die Zelte schleichende Jaguare, weder Sandmücken noch unerschrockene Brüllaffen. Und vor allem nicht den freudigen Moment als die Gruppe buchstäblich über eine rituelle Opfergrube stolpert. Und auch nicht die unangenehmen Nachwehen dieser Expedition – die Erkrankung fast aller Expeditionsteilnehmer an der sogenannten Schleimhaut-Leishmaniose inklusive der kräftezehrenden, nicht bei allen Expeditionsteilnehmern gleich erfolgreichen Behandlung dieser Krankheit.

Douglas Preston belässt es in seinem Buch aber nicht bei einer direkten Expeditionsbeschreibung. Ausgehend von dieser gelingt es ihm, dem Leser einen Überblick über die Geschichte des Landes, die zerstörende Beziehung Honduras zu den USA (Stichwort: Bananenrepublik) und die fehlende kulturelle Identität des Landes zu geben. Die Eroberung Mittelamerikas durch die Spanier, die Verbreitung von Krankheiten der Alten Welt, insbesondere der Pocken und der Masern, unter den Ureinwohnern, findet ebenso ihren Platz in diesem Buch, auch als Grund für das wohl geplante Verlassen der Städte der Mosquitias.

Die Abholzung der Regenwälder und die Geschichte des Mythos um die „Weiße Stadt“, die 2016 in „Stadt des Jaguars“ umbenannt wurde, lässt Douglas Preston ebenso wenig aus wie die Probleme, die die Expedition bereitete. Und so entsteht auf knapp 540 Seiten nicht nur ein Augenzeugenbericht, sondern vielmehr ein Buch, welches den Leser in eine ganz andere Welt eintauchen lässt.

Ich in ein großer Fan von Bücher von Entdeckern und Entdeckungen, aber muss spätestens nach diesem Buch sagen, dass ich wohl selbst gar nicht zum Entdecker tauge. Mein Abenteuerwille war nach der vierten Seite des Buches, als die Lanzenotter, die giftigeste Schlange in Honduras, ausführlich „vorgestellt“ wurde, bereits beendet. Es spricht wohl für den Autor, dass es mir selbst beim Lesen des Kapitels kalt den Rücken runter lief.

Wer Interesse an den alten Kulturen Mittelamerikas oder an der Geschichte Honduras hat, dem kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. Wen diese Rezension dazu animiert hat, sich tiefer mit dem Thema auseinanderzusetzen, kann ich den von Douglas Preston für „Nation Geographics“ geschriebenen Artikel empfehlen, dieser ist über das Internet frei zugänglich (Titel des Artikels: Lost City Discovered in the Honduran Rain Forest)

 

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